Tuning fürs Fahrrad: Effektive Maßnahmen unter 100 Euro
Bereits in einem vorangegangenen Artikel habe ich das Thema Biketuning beleuchtet. Dabei haben wir festgestellt, dass es beim Tuning verschiedene Bereiche gibt mithilfe derer sich mehr aus Mensch und Material herausholen lässt. Heute will ich einmal konkret darauf eingehen, wie man sein altes Fahrrad effektiv schneller machen kann; und das für unter 100 Euro. Dabei will ich die Kategorie Muskelkraft allerdings außen vor lassen, denn hier lässt sicher am meisten herausholen; aber der Effekt am wenigsten in Geld bemessen. Als Beispielexemplar bemühe ich hierfür mal wieder das alte 26er Mountainbike aus dem Keller.
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Grundlegendes Tuning, mit geringem Materialaufwand
Zu aller erst sollte sichergestellt sein, dass die beweglichen Teile am Fahrrad „wie geschmiert“ laufen. Reibung erzeugt nämlich nicht nur Hitze, sondern verbraucht vor allem Kraft. Je weniger davon also in Rauch aufgeht, desto mehr lässt sich in Geschwindigkeit umsetzen. Deshalb sollten wir, bevor wir uns neue Teile besorgen, damit beginnen.
Bremsen und Laufräder
Die Bremsen sollten möglichst schleiffrei eingestellt sein. Gerade bei Canti-Bremsen oder V-Brakes scheuert gerne mal eine der Backen an der Felge. Oft liegt es aber nicht nur an schlecht eingestellten Bremsen, sondern auch an den Rädern selbst, wenn diese etwas eiern. In so einem Fall hilft das Zentrieren durch das Nachspannen (Viertelumdrehung) der Speichen. Dafür benötigt man einen sogenannten Nippelspanner. Diesen gibt es bei fast jedem Onlinehandel für ein paar Euro und er sollte in keiner Werkstatt fehlen. Falls du keinen Zentrierständer zur Hand hast, kannst du auch einen Kabelbinder an Rahmen oder Gabel anbringen, anhand dessen sich der Schlag in der Felge leicht identifizieren lässt. Mit sauber laufenden Rädern bist du definitiv schneller und aerodynamischer unterwegs, als mit einem Achter! Zur genaueren Erklärung kannst du dir folgendes Video auf dem sehr empfehlenswerten Youtube-Channel von Markus‘ Garage ansehen.
Radnaben
Gerade bei den älteren Mountainbikes sind meistens Naben mit offenen Kugellagern verbaut. Das bedeutet, dass die Kugeln sozusagen „lose“ darin liegen und nur vom Konus gehalten werden. Fühlt sich das Rad beim Drehen rau oder schwergängig an, besteht Handlungsbedarf. Fettet man das Lager und stellt das Spiel richtig ein, dann wird das Rad mit hoher Wahrscheinlich deutlich leichter laufen. Der Drehtest mit angehobenem Hinterrad verschafft Klarheit. Aber auch bei Industrielagern lässt sich nach Entfernen der Dichtung Fett oder sogar ein Leichtlauf-Öl einbringen. Der Vorteil der offenen Kugellager ist übrigens, dass sie leichter laufen als ein gedichtetes Industrielager. Diese sind dafür wiederum Wartungsärmer und weit weniger anfällig für Staub und Feuchtigkeit.
Vorsicht beim Zerlegen loser Kugellager: Die einzelnen Kugel können (und werden) herausfallen. Hier empfiehlt es sich, einen Auffangbehälter oder ein Tuch unterzulegen. Durch die haftende Wirkung des Fetts lassen sich diese dann mit etwas Geduld wieder gut einsetzen. Um den Konus zu öffnen und das Spiel einzustellen, benötigst du einen Konusschlüssel, der flacher ist als ein normaler Maulschlüssel. Bei älteren Shimano- und baugleichen Naben benötigst du ihn üblicherweise in der Größe 13mm. Zum Gegenhalten benötigst du einen 17er Maulschlüssel und etwas Gefühl. Die beiden Muttern werden beim Schließen gekontert. Optimal eingestellt ist das Lager, wenn es kein Spiel hat und trotzdem leicht läuft. Fühlt es sich beim Drehen „kratzig“ an, ist das Lager zu fest.
Kette
Die Kette überträgt die Kraft von der Kurbel auf das Hinterrad. Je geschmeidiger die einzelnen Glieder laufen, umso effizienter funktioniert diese Kraftübertragung. Deshalb sollte die Kette regelmäßig gereinigt und mit einem geeigneten Kettenspray behandelt werden. Das solltest du in wiederkehrenden Zeitabständen tun, spätestens nach 150 Kilometern. Zudem sollte mit einer Kettenlehre regelmäßig der Verschleiß geprüft werden. Ist die Kette zu stark gelängt und damit am Ende ihrer Lebensdauer angelangt, sollte diese umgehend getauscht werden, um die Haltbarkeit der Kassette zu verlängern. Eine neue Kette sollte in diesem Fall spürbar besser laufen. Die gibt es bereits ab etwa 10 Euro.
Schaltwerk
Auch ein Blick auf das Schaltwerk kann nicht schaden. Hier reicht es meist, die beiden Schaltröllchen zu reinigen und zu ölen. Mit der Zeit bilden sich dort sogenannte „pulley worms“, die aus einer Mischung von Dreck und altem Schmierstoff entstehen.
Teileliste
Nippelspanner – ca. 6€
Konusschlüssel – ca. 5€
Kettenlehre – ca. 10 €
Kette – ab ca. 10 €
Kettenspray (100ml) – ca. 11 €
Fett (100g) – ca. 9 €
Tuning durch reduzierten Rollwiderstand
Reifen
Naheliegend ist es hier natürlich, sich die Reifen anzuschauen. Sind diese rissig, porös oder das Profil stark abgefahren, dann lohnt sich auf jeden Fall eine Neuanschaffung. Nimmt man hier einen breiteres Modell, beispielsweise 26×2,2 anstatt 26×2,0, so erhält man dadurch einen größeren Radumfang und damit mehr Abrollkomfort. Vorausgesetzt natürlich, der Rahmen lässt das zu. Durch die Wahl des passenden Profils und des richtigen Drucks, lässt sich hier effektives Fahrrad-Tuning betreiben. Natürlich kann man zudem explizit darauf achten, einen leichteren Reifen zu verwenden. Meist geht dies aber auch zulasten des Pannenschutzes. Unten in der Tabelle habe ich einige leichte, schnelle und preisgünstige MTB-Reifen aufgeführt, die auch noch in 26 Zoll erhältlich sind.
Schläuche
Nicht nur am Reifen selbst, sondern auch im Pneu lässt sich effektiv tunen und das sogar für vergleichsweise wenig Geld. Ersetzt man den Standard-Butyl-Schlauch, der beim Mountainbike gerne 200 Gramm oder mehr wiegt durch leichteres Material, so lässt sich spürbar Gewicht an den bewegten Massen sparen. Und du wirst es spüren, ob du es glaubst oder nicht. Hier hat sich in den letzten Jahren eine neue Vielfalt an Materialien etabliert. Am leichtesten sind die Modelle aus TPU, die teilweise nur 40 Gramm pro Stück wiegen. Aus eigener Erfahrung kann ich jedoch sagen, dass diese aufgrund ihrer schlechten Lufthaltefähigkeit für den Alltag eher ungeeignet sind. Es sei denn, du willst dein Fahrrad vor jeder Fahrt aufpumpen. Zudem sind diese Schläuche mit etwa 25 Euro pro Stück nicht gerade ein Schnäppchen.
Die besten Erfahrungen habe ich (neben Tubeless) bislang mit Schläuchen aus Latex gemacht. Diese halten die Luft gut und sind mit ca. 130 Gramm pro Stück trotzdem deutlich leichter als der Standard-Schlauch aus Butyl. Der Pannenschutz soll sogar etwas besser sein und man kann sie im Falle eines Durchstichs mit den normalen Flicken reparieren. Durch das deutlich weichere Material arbeiten (walken) sie im Reifen wesentlich geschmeidiger, was den Rollwiderstand reduziert. Mit 10 Euro pro Stück sind sie zwar etwa doppelt so teuer wie ein normaler Schlauch, doch die Investition lohnt sich definitiv! In Bezug auf Preis-Leistungsverhältnis wirst du kaum etwas finden, mit dem du an deinem Fahrrad schlagkräftigeres Tuning betreiben kannst.
Manchenorts wird in der Bike-Szene zwar auch die Lufthaltefähigkeit der Latex-Schläuche gegenüber dem Butyl-Schlauch moniert; allerdings ist dieser Effekt m.E. bei ca. 2,5 Bar im MTB-Reifen marginal. Ich selbst verwende in mehreren Fahrrädern die MTB-Schläuche von Vittoria und pumpe einmal pro Woche etwas nach. Den Link dazu findest du in der folgenden Tabelle.
Teileliste
Latex-Schlauch (Vittoria) – ca. 10 € (26″)
Reifen (Continental Race King) – ab ca. 22 € (26″)
Reifen (Continental Contact Speed) – ab ca. 18 € (26″)
Reifen (Schwalbe Hurricane) – ab ca. 21 € (26″)
Aerodynamik und Ergonomie verbessern
Hier fasse ich beide Bereiche zusammen, da sie sich in diesem Fall überschneiden.
Innere Barends (Hörnchen)
Wer kennt sie nicht, die Hörner außen am Lenker. Jahrelang gehörten sie fest zum Erscheinungsbild der Mountainbikes auf den Pisten. Vornehmlich dienten sie dem Komfort, denn durch die vertikale Haltung der Hände trugen sie zur Entlastung von Armen, Rücken und Gelenken bei. Durch die immer breiter werdenden Lenker sind sie in den letzten Jahren aus der Mode geraten. Die Hörnchen gibt es jetzt allerdings auch für innen. Das bedeutet, sie werden innerhalb der Griffe am Lenker montiert. Das schafft nicht nur zusätzliche Ergonomie durch die Möglichkeit, umgreifen zu können, sondern erlaubt auch eine deutlich aerodynamischere Haltung auf dem Fahrrad. Auch wenn man die von den Herstellern teilweise angegebenen 2 Km/h Geschwindigkeitsgewinn bei gleicher Wattleistung skeptisch betrachten muss, trägt diese einfache Tuningmaßnahme deutlich zur Effizienz bei.
Diese überaus lohnende Anschaffung gibt es schon ab ca. 35 Euro und sie lässt sich an nahezu jedem Bike umsetzen. Ich persönlich möchte die Dinger am Mountainbike nicht mehr missen! Sie sind zwar nicht UCI-konform, aber was juckt das die Hobbyfahrerin oder den Alltagsradler?
Teileliste
Innerbarends (SQLab 410/402) – 37,50 €
MTB Lenkerhörnchen für Innenlenker (Spirgrips) – 45,90 €
Abschließendes Fazit
Das waren nun ein paar Tuning-Kniffe und Kaufempfehlungen aus meinem persönlichen Erfahrungsschatz. Wenn ihr noch mehr gute Tipps oder Teile kennt und ihr überzeugt seid, dass diese eine Erwähnung verdient haben, dann schreibt mir einfach.
Ein 60er-Jahre-Fahrrad mit Scheibenbremse? Gibts nicht? Doch! Hier gehts zum Umbaubericht.