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Rabotnik in Odessa – Teil 1

Ein echter Rabotnik muss auch mal Urlaub machen. So geht es in freudiger Erwartung nach Odessa. Ein gelobtes Land in vielerlei Hinsicht. Mit geringfügiger Verspätung hebt der Vogel von Ukrainian Airlines am Airport München ab. Eingepfercht in der Economyclass der Boeing 737-800 reicht die Beinfreiheit gerade so aus, um aufrecht sitzen zu können ohne sich die Kniescheiben zu brechen. Immerhin habe ich mir in der Dreier-Sitzreihe einen Platz am Fenster gesichert. Die Sardinenbüchse ist gut gefüllt und über den Flur hallen die Gesprächsfetzen eines wirren Gemischs aus verschiedenen Sprachen. Neben mir sitzt mein Begleiter, außen ein schweigsamer Mann, der als Russe durchgehen könnte. So bedanke ich mich freundlich auf Russisch, als er aufsteht, um uns Platz nehmen zu lassen.

Odessa
Die deutsche Heimat von oben

Nach kurzer Zeit hat die ukrainische Rumpelkiste Flughöhe erreicht und es geht in Richtung Kiew. Unter uns sind nur wenige Wolken zu sehen und so blicke ich, am Triebwerk vorbei, auf vorbeirauschende Felder und Städte. Etwa zwei Stunden später setzt der Flieger hart auf der Landebahn auf und der Pilot bedankt sich in drei Sprachen für unsere Wahl der Fluggesellschaft. Der vermeintlich russische und bis dato stumme Sitznachbar fängt hektisch an zu telefonieren. Unverkennbar ein Holländer, na ja, knapp daneben geraten. So geht es in einer abenteuerlich anmutenden Busfahrt über das Rollfeld. Über den erstaunlich überschaubaren Kiewer Flughafen spazieren wir ohne Zeitdruck durch die Passkontrolle. Mit ukrainischem Stempel im Pass geht es anschließend zur Sicherheitskontrolle für unseren Anschlussflug nach Odessa.

Odessa
Die Ukraine aus der Vogelperspektive

Nachdem die ukrainische Sicherheitskontrolle eine Nagelschere im Gepäck meines Begleiters beanstandet hat, geht es in den Sicherheitsbereich und wir warten auf das Boarding. Ich bin beeindruckt, dass das Sicherheitspersonal hierzulande offensichtlich strenger oder gründlicher ist, als in Deutschland. Immerhin ist so eine Nagelschere fast annähernd so gefährlich wie eine Dose Cola. Kurz darauf geht es in einem klapprigen Bus mit penetrant quietschenden Bremsen zurück auf das Rollfeld. Auf uns wartet eine Maschine des gleichen Typs, ich vermute, es ist sogar die selbe Maschine. Im gewohnt unbequemen Flieger platziert, beginnt das Warten auf den Start – und der lässt auf sich warten.

Odessa
Umstieg am Kiew Airport

Die geplante Startzeit ist bereits um eine halbe Stunde verstrichen, als der ukrainische Flugzeugführer seine Passagiere laut seufzend wissen lässt, dass man noch auf die Gäste eines verspäteten Flugs aus Barcelona warte. Mit einer satten Stunde Verspätung hebt sich das stählerne Ungetüm schließlich ohne die abgängigen Passagiere in die Lüfte und mir wird bewusst, welchen Luxus das Reisen mit der Bahn im Vergleich zum Fliegen zweiter Klasse bietet. Nach einer weiteren Stunde landen wir schließlich gut geschüttelt, jedoch nicht gerührt in Odessa und der Flieger setzt noch härter auf, als bei der ersten Landung. Nach einer weiteren Ewigkeit des Wartens am Gepäckband, halte ich schließlich auch meine Reisetasche in den Händen.

Odessa
Russische Verkabelung am Hoteleingang

In der Halle wartet der Fahrer des Hotel-Shuttle-Service mit einem großen Schild, auf welchem mein Name steht. Sehr zu meiner Erleichterung, da ich befürchtete, er könnte aufgrund unserer Verspätung bereits das Weite gesucht haben. Ich bedanke mich fürs Warten, was er gelassen und freundlich quittiert. Somit hinterlässt Odessa schon bei der Ankunft einen ersten guten Eindruck. Mit gefühlt hundert Sachen geht es, begleitet von russischem Techno, über holprige Straßen, vom Flughafen bis ins Zentrum der Stadt. Mehrere überfahrene rote Ampeln und einige waghalsige Überholmanöver später erreichen wir den Prospekt. Kurz vor dem Hotel muss der Fahrer noch einer Bettlerin mit Krücken ausweichen, die in erstaunlich agiler Beweglichkeit vor dem Wagen auf die Straße springt.

Odessa
Hier weiß man noch, was anständige Autos sind

An der rund um die Uhr besetzten Rezeption des zentral gelegenen Hotels werden wir freundlich von einer jungen hübschen Dame empfangen. Man gibt sich erstaunt, denn einen Russisch sprechenden Deutschen hat man hier offensichtlich nicht erwartet. Nach dem Einchecken und einer kurzen Einweisung über die örtlichen Gegebenheiten beziehe ich mein Zimmer. Es ist einfach und bescheiden, aber sauber und mit Blick auf das Schwarze Meer. Etwas müde und hungrig von der langen Reise, speisen wir in dem kleinen Restaurant des Hotels, welches ebenfalls 24 Stunden besetzt zu sein scheint. Im Anschluss kommen wir nicht umhin, uns in das Nachtleben der Straßen Odessas zu stürzen.