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Leserkommentar: Cannabis als Schmerzmittel

Diesmal trifft die Kritik einen Artikel des Stern-Ablegers NEON zum Thema Cannabis als Schmerzmittel. Autor des Kommentars ist der brillante Rufus, den einige Leser bereits aus der Fortsetzung meines Odessa-Abenteuers kennen dürften. Doch auch außerhalb von rabotnik.de erlangte er bereits Geltung, Ehre und Berühmtheit. Während sich immer mehr Menschen zu Verfechtern des Mottos Legalize it erklären, setzt sich Rufus aus einem anderen Blickwinkel mit der Thematik auseinander.

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Cannabis als Schmerzmittel? – Ein Kommentar von Rufus

Sollte man sich je auf die digitale Ausgabe des STERN-Magazins verirren, könnte man auch beispielsweise über den Artikel „Cannabis als Schmerzmittel: Wenn das rettende Medikament in den Ruin treibt“ stolpern. Neon? Ach so, das nur noch online existierende Magazin für die jüngere, facebook-affine Leserschaft. Moment. Schmerz behaftet bin ich doch selber: vielleicht lässt sich ja etwas Neues, modernere Behandlungsmethoden herausfinden?

Von der Neon-Redaktion soll also das vorliegende Machwerk stammen, die genannte Autorin findet man indes innerhalb dieses genannten Personenkreises vergebens, vielleicht ein Pseudonym für eine Auftragsarbeit fortschrittsgläubiger Pharmalobbyisten. Anfangsüberlegung: cui bono? Chronische Schmerzpatienten sind seit März 2017 in der Lage, entsprechende ärztliche Anordnung vorausgesetzt, sich ein Cannabisprodukt auf Kassenrezept verschreiben zu lassen. Oder soll etwa eine generelle Cannabisfreigabe nach dem Vorbild Kanadas langsam in die Köpfe von politischen Entscheidern geträufelt werden?

Am Beispiel eines verunfallten Extremsportlers sollen noch mehr Schmerzgeplagte zu einem Umdenken hinsichtlich Cannabiskonsum bewegt werden. Begonnen wird bei Schmerzleiden meist mit Ibuprophen, danach folgen Opium- und wenn die nichts helfen Morphiumderivate. Es ist eine Tatsache, dass, wenn man versucht, eine gesundheitliche Schieflage auszubalancieren, zwei oder drei andere Befindlichkeiten außer Gleichgewicht geraten, vor allem, wenn man noch auf mehr Medikamente zurückgreift. Valerontropfen, die ebenfalls nur auf Betäubungsmittelrezept verschrieben werden, greifen die Magenschleimhäute an, was die Einnahme anderer Schutzmedikamente unumgänglich macht. Wenn man die Dosis ohne Not und ohne erforderliche Selbstdisziplin erhöht, mutet man anderen körperlichen Schwachstellen Ungemach zu.

Welche Ungereimtheiten tauchen beim Lesen des Artikels auf?

Ein Schmerzpatient, der mit dem Mountainbike als Amateur „downhill auf World Cup Strecken“, vermutlich ohne Sicherheitsvorkehrungen und nicht für so eine sportliche Höchstleistung trainiert unterwegs gewesenen ist, erleidet selbst-überschätzt körperliche Schäden. Es folgt eine Odyssee durch Arztpraxen, die Verschreibung des so notwendig herbei gewünschten Cannabismedikaments wird verwehrt, weil das für den vorgestellten Musterpatient schockierend gewesen sei, „auf Partys bestens unterhalten und super gut drauf“ zu sein.

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Cannabis: Macht dauerhafter Konsum die Birne weich?

Wieviele Menschen würden gern sein Schicksal teilen, wenn Opiumpräperate die Stimmung positiv beeinflussen? Hierzu sollte man zum Beispiel den parallel einwirkenden Sachverhalt, dass die Schmerzempfindung im Gehirn herab gesetzt wird, bedenken, da automatisch die drängenden Probleme als nicht so akut wahr genommen werden. Somit ist nicht nachvollziehbar, weshalb man auf so eine Hochgestimmtheit verzichten möchte, aber wenn man sich in den Kopf gesetzt hat („nie wieder Opioide“), verbotenes Cannabis legal aus der Apotheke zu holen, da kann man sich schon mal vergallopieren. Wenn man Opioide nicht handhaben kann („enorme Abhängigkeit“), weil überdosiert (siehe: kaputter Magen), ist zu bezweifeln, mit Cannabis eigenverantwortlich umzugehen. Der Hinweis, sich im Zweifel eines natürlichen Produktes zu bedienen, schließlich befindet man sich in guter Gesellschaft mit den Majas zum Beispiel, ist hanebüchener Blödsinn, da die rauschhaften Zustände ausschließlich bei rituellen Handlungen zu sich genommen und unter keinen Umständen dauerkonsumiert wurden.

Abschließendes Fazit:

Der Artikel ist schlecht recherchiert, glänzt mit Halbwahrheiten und konstruiert Scheinargumente. Schwerkranke Menschen können seit nunmehr zwei Jahren Cannabis auf Rezept erhalten, die Kosten übernimmt die gesetzliche Krankenkasse. Kein Mensch muss monatlich 350 Euro zuzahlen oder sich in Schulden stürzen. Nach meinem Dafürhalten kann Cannibis zur Schmerzbekämpfung Opiode und Morphine nicht ersetzen, es täuscht lediglich die weiche Birne über den schlechten Allgemeinzustand hinweg. Deshalb muss man auch ständig mit der Dosis nachlegen, dass es so bleibt. Manchmal hilft es, temporär zu verzichten, denn, unter Verweis auf einen Aphorismus Novalis (Achtung: old school!) ist Schmerz schließlich „eine Erinnerung unsres hohen Rangs“.

Cannabis als Schmerzmittel

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